Pressestimmen
Zwischen Innen und Außen: Die Tür aus Sicht der bildenden Künstler
"Türen sind letztlich stets eine Sache der Perspektive. Man kann durch sie einen Raum, ein Haus betreten, aber auch verlassen. Türen trennen das Innen vom Außen, sie verbinden aber zugleich auch beide Bereiche, sie grenzen, weil man sie verschließen kann, das Private vom Öffentlichen ab, ermöglichen aber zugleich auch, dass beide Bereiche miteinander verschmelzen. Über diese Janusnatur des Phänomens kann man sich derzeit in der Städtischen Galerie in Bietigheim-Bissingen Gedanken machen, denn sie zeigt, was die Tür an Assoziationen bei Künstlern unserer Zeit ausgelöst hat: Keine Schwellenangst.
Mit diesem Perspektivenspiel beginnt denn auch die Ausstellung. Das Entree zu ihr wird durch eine massive altmodische schwarze Tür versperrt, gebaut von Simon Schubert. Nun gut, eine Tür ist dazu da, einen Raum, in diesem Fall die Ausstellung, zu betreten. Doch diese Tür lässt sich nicht öffnen. Mehr noch. Wir stehen, wiewohl noch vor der Ausstellung, in die wir hineinwollen, an der Innenseite der Tür, denn hier befindet sich der Türspion, und blickt man hindurch, sieht man nicht etwa die Ausstellung wie sonst die vor der Tür Wartenden, sondern eine Waldszene. Die Tür wird zum Paradoxon, zum Geheimnis. (...)
Paradox ist auch die Tür von Mathieu Mercier. Sie ist mit einer Edelstahlplatte überzogen, insinuiert also besonders guten Schutz etwa für Tresorräume, doch diese Tür lehnt nur schräg an der Wand. Sie hat zwar Angeln, an denen man sie in einen Türrahmen einhängen könnte, aber weder Klinke noch Schlüssel, nur zwei Löcher dafür. Ist das also eine Tür? Was macht eine Tür aus? (...)
Innen und außen als Kehrseiten einer Medaille namens Tür. No exit heißt ein Video von Mirjam Kuitenbrouwer. In einem Türrahmen setzt sich eine Frau auf eine Schaukel, an deren Unterseite wir, während die Frau schaukelt, Begriffe wie DEAD END, NO EXIT erkennen, immer wieder andere. Am Ende verlässt die Frau den Raum, der Türrahmen mit der Schaukel statt der Tür markiert, was eine Tür eben tut, die Grenze zwischen innen und außen. Was wie ein Kinderspiel wirkt, ist zugleich eine Schreckensvision mit den Ängsten, die das Innen ebenso in sich bergen kann wie die Welt da draußen. (...)
Schnell die Tür zu und lieber die Türen von Patrick Hughes öffnen. Sie tun es sogar einladend von selbst, wenn man an seinem großen Reliefgemälde vorübergeht, und wenn sie sich öffnen, atmet man frische Meeresbrise - Freiheit, da wird die Tür auch einmal grenzenlos."
Quelle: Der Kulturblog von Rainer Zerbst vom 06.11.20
Einen kommentierten Rundgang durch die Ausstellung bietet der Kulturkanal von Rainer Zerbst
Schwellenangst ist unzulässig: Die Tür als Motiv in der Gegenwartskunst
Ausstellung bis zum 24. Januar in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen
"Der Mensch ist von Natur aus neugierig und unternimmt stets einiges, um seine Fragen mit Wissen zu beantworten. Aber nicht immer. Manchmal bremsen ihn auch seine emotionalen Befindlichkeiten aus, seine Ängste, seine Befürchtungen - kurz all das, was sich zwischen ihm und der Befriedigung seines Begehrs spontan auftut und sich damit sperrig als Hindernis erweist. Dabei ist es ohne Belang, ob es sich um einen verbotenen oder verborgenen Raum hinter einer Tür handelt, oder um ein geheimnisvolles Buch, das nicht gelesen werden soll. Entscheidend sind hierbei nur die entsprechenden Objekte, die uns daran hindern, unsere Neugier nachhaltig zu stillen. Und das können tatsächlich auch Türen sein. (...)
In der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen widmet man sich daher ausgiebig diesem facettenreichen Gegenstand "Tür", der also nur auf den ersten Blick so banal unser aller Leben bestimmt. Doch bei genauerer Betrachtung sind Türen weit mehr als nur Verbindungen zwischen Räumen. (...)
Marja Piriläs Werk "Milavida #7" offenbart exemplarisch die Interaktion dieser Ausstellung. Wir erblicken ein verlassenes Haus. Zwei zueinanderstehende, angelehnte Türen führen aus einem dunklen Gang in ein helles, vermeintlich größeres Zimmer. Aber die Türen verdecken, auch wenn sie nicht verschlossen sind, aber sie gewähren beharrlich keinen Einblick in die andere Räumlichkeit. Licht und Schatten durchströmen zudem wie Rauch den mit Bretterdielen belegten Gang dieses alten, seit 2011 leerstehenden Gebäudes in Finnland. Staub, Geschichten, Fantasien und viel Ungeklärtes und Unerzähltes scheinen in diesem Haus zu wirken. Das Bild steht zu dem, was es andeutet. Es ist eine Steilvorlage für einen gruseligen Besuch, bei dem man bereits die Türen dunkel knarren hört. Die geheimnisvolle Atmosphäre, welche die Künstlerin hier erzeugt, durchdringt den Raum und springt auf die Betrachter über. (...)
Eine Schwellenangst trifft uns stets dann völlig unvermittelt, wenn wir im Ungewissen darüber sind, ob uns auf der anderen Seite etwas Düsteres, sehr Bedrohliches erwartet. Das kann bei manchen Zeitgenossen Panikattacken auslösen. Doch für andere geht es unverzagt und emotionslos trotz alledem nur um die Befriedigung ihrer persönlichen Neugier. Und dennoch bleibt dabei das überraschende Moment zentral."
Quelle: Andrea Köhler, Artprofil vom November 2020
Ferne Welten, stille Örtchen
Die Städtische Galerie zeigt ihre Ausstellung "Keine Schwellenangst!" und einen Festivalbeitrag
"In seinen symbolischen und ästhetischen Qualitäten bisweilen arg unterschätzt, hat ein baulicher Alltagsgegenstand in der Städtischen Galerie nun seinen großen Auftritt: Die Tür. "Keine Schwellenangst!" lautet die Devise der neuen Ausstellung von 21 Künstlerinnen und Künstlern aus dem In- und Ausland, die einmal mehr von Galerieleiterin Isabell Schenk-Weininger und ihrer Stellvertreterin Petra Lanfermann kuratiert wurde. Tatsächlich kommt die Schau überaus niederschwellig daher: Schon am Eingang kollidiert der Besucher fast mit dem ersten Kunstwerk: Simon Schubert zeigt dort eine massive Türinstallation - beim Blick durch den Spion sieht der Betrachter einen grünen Wald, Vogelgezwitscher ist zu hören. Was ist eigentlich drinnen - und was ist draußen? (...)
Etwas gespenstisch und auch medial völlig anders angelegt ist die Schwarz-weiß-Videoprojektion der Estin Ene-Lijs Semper, in der eine Tür aus dem Dunkeln in einen leicht erhellten Flur zu weisen scheint, wobei das Licht zunehmend flackert, bis eine schemenhafte Gestalt auf der Schwelle erscheint, verharrt und sich wieder entfernt. Eine Reminiszenz an kindliche Einschlafrituale, verbunden mit diffusen Verlustängsten. (...)
So nüchtern wie brillant auch die fast fotorealistischen Abbildungen von Türen aus Heilanstalten von Ben Willikens. Der gebürtige Leipziger (Jahrgang 1939), der heute in Stuttgart lebt, schaut kurz beim Pressegespräch vorbei. "Der Mensch lebt in seiner selbst gemachten Anstalt", philosophiert der Künstler zum Thema Tür. Umso mehr faszinieren ihn diese tatsächlich fast unsichtbaren Welten am Rande der Gesellschaft. (...)"
Quelle: Joannes Koch, Ludwigsburger Kreiszeitung vom 06.10.20
Die Tür als Tor zur Welt
Unter dem Motto „Keine Schwellenangst“ hat sich die Städtische Galerie des Alltagsgegenstands Tür angenommen. Internationale Künstler zeigen ihre Sichtweise.
"Türen – tausendmal haben wir ihre Klinken pro Tag in der Hand und doch, das sagt die Leiterin der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen, Isabell Schenk-Weininger, bei der Führung durch die Ausstellung, ist kaum ein banaler Alltagsgegenstand inhaltlich so aufgeladen. …
Türen – im Corona-Lockdown, und dieser Umstand macht die Ausstellung inhaltlich noch aufgeladener – waren sie geschlossen, waren ein Zeichen der Isolation, hinter der Türe war eine eigene Welt, in die niemand eindringen konnte. In der Ausstellung im Neubau mit Werken von Künstler aus aller Welt und im Altbau mit Werken aus der Sammlung der Galerie bekommt die Tür einen Stellenwert, der im Alltagsleben nicht bewusst wird.
(…) Die Werke sind überraschend, vielfältig und inhaltsschwer. Die finnische Fotografin Marja Pirilä inszenierte mit dem Camera-Obscura-Prinzip Innenräume, in welchem die Welt von draußen hineinprojeziert wurde – auf dem Kopf stehend. Türen, die einen Spalt breit geöffnet sind, lassen Licht und die Verbindung zur Außenwelt hereinscheinen.
Oft kommt das Motiv des leeren Raumes, in dem die Türen dominant sind, vor. Die dänische Künstlerin Trine Sondergaard fotografierte leere Herrenhäuser, die melancholisch aufgeladen sind. Dieses Motiv steigert der deutsche Künstler Simon Schubert noch: Er schafft leere Räume aus längst vergangener Zeit wie mit Stuck verziert, aus Papier. Allein durch Faltung von weißem Papier entstehen imaginäre weiße Räume, in denen man durch Zimmerfluchten wandelt und die eine verlassene Traumwelt suggerieren.
(…) Überall auf dem Weg durch die beeindruckende Ausstellung finden sich Augapfelgroße Türspione, die einen Blick in das Zimmerinnere erlauben oder das Treppenhaus oder auf den Besucher in Großaufnahme, Maxim Wakultschik aus Belarus hat diese „Bubbles“ als Hinweis auf den Überwachungsstaat geschaffen, in dem er auf die Kugeln eine Sichtweise wie mit der Überwachungskamera malte. Aktueller könnte ein Werk kaum sein.
Die Türen in den Werken in der Städtischen Galerie machen so nicht nur die Tore auf für eine Welt der Kunst sondern für die Welt an sich. Das Motiv der Tür ist hier ein Mittel, Zeitgeschichte und persönliche Befindlichkeiten zu kommentieren."
Quelle: Gabriele Szczegulski, Bietigheimer Zeitung vom 05.10.20
Ausstellung thematisiert Türen in der Gegenwartskunst: Open Doors, Closed Shops
"In Corona-Zeiten wird die Welt da draußen zur Gefahr, vom geschützten Heim nur durch eine Tür getrennt. Der Tür, die man in anderen Zeiten hoffnungsvoll offenlässt, wenigstens einen Spalt breit, widmet sich von Freitag an die Ausstellung "Keine Schwellenangst! Die Tür als Motiv in der Gegenwartskunst" in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen - und das, obwohl es in dem Bau fast keine Türen gibt, wie die stellvertretende Museumsleiterin Petra Lanfermann am Donnerstag versicherte.
(...) Die Türen-Ausstellung beginnt mit einer gut zwei Meter hohen, mitten im Raum stehenden schwarzen Zimmertür. "Die ist aber gar keine, sondern eher ein Schrankobjekt", erklärte Lanfermann das Werk des Kölners Simon Schubert. Schaut man durch den Türspion, erscheint die Fotografie eines Waldes und es ertönt Vogelgezwitscher. Mit der Sicht aus diesen speziellen Gucklöchern hat sich auch der Belarusse Maxim Wakultschik beschäftigt. Dessen "Bubbles", halbierten Kugeln oder Türspionen ähnelnde Gebilde aus Polystyrol mit zehn Zentimetern Durchmesser, zeigen Szenen aus einem Treppenhaus oder Wartende in einem Aufzug.
(…) "Generell ist allen Exponaten der Ausstellung gemein, dass die dargestellten Türen noch eine andere, eine symbolische Bedeutung haben", resümierte Lanfermann.
(…) Wie auch bei den Fotografien des Südafrikaners Gideon Mendel. Mit seinen Darstellungen von im Wasser und vor ihren Haustüren stehenden Menschen dokumentiert er die Auswirkungen des Klimawandels wie Überflutungen. Lanfermann: "Diese Türen haben keinen Schutz geboten." Ganz anders verhält es sich mit dem weißen Objekt in Form einer Doppelflügeltür des russischen Künstlers Ilya Kabakov. Das sei eine stilisierte Klotür, und das stille Örtchen sei für manche Menschen der einzige Rückzugsort, sagte die Ausstellungsmacherin. (...)"
Quelle: Silke Uertz-Jacquemain in: Katholische Nachrichten-Agentur vom 04.10.20
Das Tor zur Welt
Themenausstellung in Bietigheim-Bissingen
"(...) In diesem Herbst widmet die Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen der Tür als Motiv in der zeitgenössischen Kunst eine umfangreiche Ausstellung mit dem sinnigen Titel "Keine Schwellenangst!". Tatsächlich hat das Thema während des Lockdowns eine ungewöhnlich scharfe Kontur bekommen. Da befanden sich Leiterin Isabell Schenk-Weininger und ihr Team mitten in den Vorbereitungen. Zu sehen sind Zeichnungen, Gemälde, Fotos, Filme, Skulpturen und Installationen von rund zwanzig namhaften Künsterinnen und Künstlern: Zum Beispiel spröde anmutende Schließfachtüren von Thomas Demand, eine gespenstisch beleuchtete Toilettentür von Ilya Kabakov, surrealistisch aneiandergereihte Zimmertüren von Patrick Hughes oder der zugenagelte Eingang eines verwaisten Hauses von Sebastian Nebe. Unheimlich wird es auch in Trine Sondergaards verlassenem, menschenleerem Raum mit angelehnter Wohnungstür, bitter nüchtern dagegen angesichts fest verschlossener Anstaltstüren bei Ben Willikens."
Quelle: Julia Behrens, kunst:art, süden spezial vom September - Oktober 2020
Zur Studioausstellung »Einblick in die Sammlung: Türen und Fenster - Drinnen und Draußen«
Einblick in die Samlung: Die Studioausstellung
"Unter einem ganz neuen Fokus widmet sich die Städtische Galerie auch ihrer eigenen Sammlung: Türen und Fenster sind das Thema der an die Hauptausstellung "Keine Schwellenangst!" angedockten neuen Studioausstellung. Dabei zeigt sich auf faszinierende Weise, wie vielfältig Gebäudeöffnungen aller Art als motivisches Mittel Einzug in Linolschnitt, Zeichnung, Gemälde und Film gehalten haben. Etwa Malte Sartorius, dessen scheinbares Stilleben - ein Tierschädel liegt auf einem Tisch - doppelbödig daherkommt, schweift der Blick doch unweigerlich aus dem geöffneten Fenster hinaus auf den Friedhof. Ähnlich Mimmo Paladinos "Ausblick", bei dem sich eine trübselige Gestalt im Vordergrund die Hand an den Kopf hält, während das eigentliche, wirre Geschehen im Hintergrund auf dem Tryptichon-artigen, offenen Fenster stattfindet. Rätselhaft auch die weiß-schwarze Szenerie von Peter Emch, in der neben einem geöffneten Fenster eine nächtliche Begegnung von vier Menschen an einem vom Mond beschienenen Ufer stattfindet.
Knapp 30 Künstlerinnen und Künstler sind in dieser sehenswerten und vielseitigen Ausstellung vertreten, die - wie die Hauptausstellung - noch bis 24. Januar 2021 zu sehen ist."
Quelle: Johannes Koch, Ludwigsburger Kreiszeitung vom 06.10.20
Ausstellung thematisiert Türen in der Gegenwartskunst: Open Doors, Closed Shops
(…) Gänzlich türenfrei gelangt man in die parallel in den historischen Gebäudeteil der Galerie, wo nicht nur Türen, sondern auch Portale und Fenster in Werken aus dem eigenen Bestand die Hauptrolle spielen: Unter dem Titel "Türen und Fenster - Drinnen und Draußen" sind Linolschnitte, Zeichnungen, Gemälde und Filme von der Klassischen Moderne bis zur Gegenwart von etwa 30 Künstlern, darunter Gerd Arntz, Georg Schrimpf, Dieter Goltzsche, Ute Pleuger, David Schnell und Mimmo Paladino ausgestellt.
(…) Dessen farbenfroher Linolschnitt "Ausblick" zeigt einen Menschen mit sorgenvoller Miene in Blau vor einer dunkelroten Wand. Hinter ihm ist ein weit geöffnetes Fenster mit grauem, kantig gestalteten "Ausblick" zu sehen, der vielleicht ein Friedhof sein könnte. Der Mann scheint sich zu fürchten. Angst oder Schwellenangst sind jedoch bei der intelligenten und zugleich witzig kuratierten Ausstellung fehl am Platz."
Quelle: Silke Uertz-Jacquemain in: Katholische Nachrichten-Agentur vom 04.10.20
Tel.: | 07142/74-483 und -819 |
Fax: | 07142/74-446 |
Aufgrund der aktuellen Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie bleibt die Städtische Galerie bis voraussichtlich 31. Januar geschlossen. Wir bieten Ihnen dennoch geistig-kulturelle Nahrung an bei unserem persönlichen, kostenlosen Türen-Telefon-Talk für Erwachsene oder auch für Kinder! Gedichte und literarische Rezitationen zum Thema Tür & Tor oder auch ein Gespräch zu einem ausgestellten Kunstwerk: Einfach unter 07142 74483 einen Termin vereinbaren für den zehnminütigen Türen-Telefon-Talk und sich dann auf den Anruf zum verabredeten Zeitpunkt freuen! Wir hören uns!
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