Der international tätige Grafiker und Installationskünstler Thomas Kilpper (*1956 in Stuttgart) ist mit Floor Cutting-Projekten an symbolträchtigen Orten bekannt geworden. So verwandelte er für »State of Control« (2009–2013) 800 qm Bodenbelag der Kantine im ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit der DDR in Berlin in einen riesigen Druckstock. Rund 90 Einzelmotive aus der Geschichte der Überwachung und des Widerstands bilden eine Galerie von Politikern und Intriganten, Spitzeln und Widerständigen, Unterdrückern und Gefangenen. Ein Druck aus der Sammlung der Städtischen Galerie zeigt z.B. Willy Brandt und den Agenten Günter Guillaume, dessen Enttarnung den Rücktritt Brandts als Bundeskanzler zur Folge hatte, was wiederum dessen DDR-freundliche Ostpolitik schwächte. Medienbilder dienen dem Künstler als Vorlagen, die er montageartig zueinander in Beziehung setzt und damit einen Diskurs über Geschichte anregt. So auch in dem Linolschnitt »Nicht das Ende vom Lied« von 2016: Hier bezieht er sich auf den 40. Jahrestag der Ausbürgerung von Wolf Biermann. Daran hatte sich einst der erste große öffentliche Protest von Künstler*innen, Musiker*innen und Schriftsteller*innen gegen die DDR entzündet. Kilpper zeigt die fiktive Szene eines Konzerts, in dessen Publikum zahlreiche Protagonist*innen – aus unterschiedlichsten politischen und gesellschaftlichen Bereichen aus Ost und West – scheinbar vereint zusammenkommen: ein Who-is-Who der deutsch-deutschen Geschichte.

Brandt/Guillaume/Nagel, 2009, aus dem Projekt »State of Control«, Inv. Nr.: G 2011/002
Punk Statt Stasi (Körperkontrolle von zwei Gefangenen, Horst Herold Erfinder der Rasterfahndung, Abhöragent), dreiteilige Arbeit aus dem Projekt »State of Control«, 2009–2013, Inv. Nr.: G 2014/045 a-c
o.T. (,I print – therefore I am‘ … Warhol, Beuys, Demarco u.a.), 2019, aus dem Projekt »The Politics of Heritage vs. the Heritage of Politics«, Edinburgh Printmakers, Inv. Nr.: 2020/005