»An vielen Wohnzimmerwänden in und rund um Bietigheim-Bissingen hängen bis heute Bilder von Paul Reichle, ein Umstand, der nicht nur beweist wie populär, sondern auch wie produktiv dieser Künstler war. Rund 700 Gemälde hat er hinterlassen, dazu mehrere Hundert Zeichnungen. Anlässlich des 125 Geburtstag des Bietigheimers (1900 – 1981) widmet ihm die städtische Galerie eine große Schau (»Vom Bauhaus nach Bietigheim«), in der auch ein beträchtlicher Teil der rund 150 Werke aus der städtischen Sammlung gezeigt wird. Ihm zur Seite gestellt werden Arbeiten der Berliner Künstlerin Katharina Trudzinski, die als räumliche Interventionen einen ebenso charmanten wie passenden Kontrapunkt setzen. (...)
»Die Farbe berührt uns unmittelbar in der Tiefe unseres Wesens, ohne Umweg über den Intellekt«, wird Reichle in der Ausstellung zitiert. »Die Farbe ist eine Lebensnotwendigkeit.« Die nicht perfekte, da stets freihand gemalte Abstraktion, die Reichle in seiner Kunst zelebriert, die sich damit von der Konkreten Kunst distanziert, ist die Verbindungsstelle zu den Arbeiten von Katharina Trudzinski. Die gebürtige Aachenerin (Jahrgang 1977), die in Berlin lebt, setzt diesen Prozess scheinbar fort, indem sie das abstrakte über die Fläche hinaus in den Raum trägt, in Form Reliefs und Skulpturen. Flache Bauteile aus Holz und biegsamer Hartfaser werden so zu voluminösen Gebilden, die – kunstvoll ausgeklügelt zusammengesteckt – durch ihre schillernden Farbverläufe eine viel stärkere Dreidimensionalität vortäuschen, als eigentlich vorhanden ist, spielerisch und irgendwie auch humorvoll. (...)«